Lebensmittel, Medikamente, Babynahrung, Gehhilfen | Luthergemeinde sammelt Hilfsmittel für die Ukraine
Der Verein, der rund um Mainz mittlerweile eine bedeutende Rolle in der Versorgung der Ukrainer eingenommen hat, heißt „nicht reden – machen“ und hat seinen Sitz in Bodenheim. In einer großen Lagerhalle werden Hilfsgüter gesammelt und für den direkten Weitertransport in die Ukraine auf Paletten aufgestapelt. und dann mit dem LKW verschickt. Ein Team vor Ort entscheidet, wo genau die Hilfsgüter benötigt werden. Medikamente werden direkt mit dem Flugzeug von Finthen in die Ukraine gebracht. Dies alles geschieht ehrenamtlich und finanziert sich durch Sach- und Geldspenden!
An der Hilfsaktion hat sich auch die Luthergemeinde beteiligt. In einem Aufruf über unseren Newsletter war parallel zur Bethelsammlung darum gebeten worden, Lebensmittel, Medikamente, Verbandsmaterial, Hygieneartikel, Babynahrung, Powerbanks oder Gehhilfen zu spenden. In nur fünf Tagen fanden wir viele großzügige Spender. Das Gemeindehaus wurde zu einer kleinen Distributionsstätte umfunktioniert. Meine Tochter Franzi half mir zu sortieren, das heißt, alle Medikamente, Lebensmittel, Zahnbürsten, Zahnpasten, Süßigkeiten getrennt zu verpacken und zu beschriften, damit sie in Bodenheim direkt auf die Palette und somit in den LKW konnten.
Nun mussten die Spenden nach Bodenheim gebracht werden. Netterweise bot sich Sabine Ehrling an, zu helfen und mit ihrem Transporter zu fahren. Einen weiteren Transporter stellte uns Familie Kieserling zur Verfügung – herzlichen Dank dafür! Als Sabine und ich uns zum Bepacken der Transporter trafen, hatten wir Glück, dass die Konfis gerade Unterricht hatten und mithelfen konnten, die vielen Pakete ins Auto zu laden. In Bodenheim empfing uns Comedian Sven Hieronymus, Mitgründer des Vereins, persönlich und half neben vielen ehrenamtlichen Helfern, die Transporter auszuladen. Einige Tage später waren die Pakete auf dem Weg ins Kriegsgebiet. Die Medikamente wurden direkt am nächsten Tag ausgeflogen.
Es hat mich sehr beeindruckt, wie viele Spenden wir bekommen haben! Jede Seife und jede Raviolidose ist wichtig, jeder – auch der gebrauchte Verband ist nötig, denn er ist besser, als ein dreckiges T-Shirt als Alternative. In der Ukraine herrscht Krieg, daher ist es egal, ob die Sachen gebraucht sind oder neu, Hauptsache sie sind da und sie können retten!!!
Besonders möchte ich mich für die vielen Medikamente und Arztutensilien bedanken, die uns so zahlreich erreicht haben. Diese Aktion hat gezeigt, dass die Mitglieder der Luthergemeinde ein großes Herz haben und bereit sind, in Not geratene Menschen zu unterstützen – so wie Gott es sich von den Menschen gewünscht hat.
Daniela Baumhäkel
Wo kann ich mich engagieren?
Ukraine-Hilfe-Mainz Ein Verbund aus mehreren Mainzer Vereinen (u.a. Ukrainischer Verein Mainz, Malteser Werke, Ärzteverein, Mombach hilft, Lions Club,…), die sich gemeinsam für die Hilfe Geflüchteter aus der Ukraine einsetzen. Inzwischen wird auch ein Kleiderbasar im vierten Obergeschoss der Ludwigstrasse 12 betrieben (im alten Karstadt-Kaufhaus, heute auch unter LuLu bekannt).
Evangelische Kirchengemeinde Mainz Hechtsheim. Sie organisiert die Flüchtlingsinitiative „Ankommen in Hechtsheim“ Gäste im Café sind willkommen, über die Internetseite sind die aktuellen Termine abrufbar.
Nicht reden. Machen! In Bodenheim werden samstags ab 11 Uhr große und kleine Spenden entgegengenommen und für den Versand vorbereitet. Auf der Internetseite ist eine Übersicht des aktuellen Bedarfs zu finden.
Wie aus Altweiber-Fastnacht auf einmal tatkräftige Hilfe für die Ukraine wird | Mehrere Initiativen in Mainz helfen den Opfern des Angriffskriegs
Neulich im Februar näherte sich endlich mal wieder dieser besondere Tag: der Altweiber-Donnerstag. Endlich wachen wir aus dem zweijährigen Corona-Winterschlaf auf, in dem jeder Tag so ähnlich verlief wie im Film „Täglich grüßt das Murmeltier“. Nicht etwa, dass meine Frau und ich die Nacht zum Tag machen wollten. Wir planten ganz einfach am Wochenende fit zu sein für „Mainz, wie es singt und lacht“ und kleinere Fassenachts-Partys im Freundeskreis. Nicht „Entweder Corona oder Fassenacht“, sondern beides schien dieses Mal gleichzeitig möglich. Ich war dafür bestens vorbereitet mit allen erforderlichen Impfungen: Pocken (der Impf-Stempel am Oberarm, die Älteren unter uns erinnern sich), Tetanus (sowieso überlebenswichtig), Influenza (wie immer, vielleicht hilft es), Gelbfieber (beruflich), Covid 19-Booster (gerade voll im Trend, frisch gezapft an der Goldgrube). Auch die Fassenachtssträuße hatte ich schon in einer lokalen Blumenwerkstatt vorbestellt. Und prompt will ein Irrer aus Moskau die Ukraine von den Nationalsozialisten befreien und fängt direkt damit an. Was ein [-hier beliebiges Schimpfwort einsetzen-]! Diese Story gibt es normalerweise nur in schlechten Filmen nach 23 Uhr in Nischensendern.
Und sofort waren die Erinnerungen an das Jahr 2015 wieder da: die zahlreichen Neuankömmlinge, auf die zunächst niemand so richtig vorbereitet war. Dann das Engagement der Luther-Gemeinde und immer wieder die erfreuten Gesichter der Bewohner*innen der Unterkunft der Elly-Beinhorn-Straße, als sie die reich gedeckte Kaffeetafel im Gemeindezentrum erblickten. Das Erfolgserlebnis, die Irrungen und Wirrungen mit Behörden durchstanden zu haben, um nach diversen Telefonaten und Emails eine Wohnung oder einen Kindergartenplatz für Geflüchtete klar gemacht zu haben. Meine eigenen leuchtenden Augen, als ich endlich den Trick raushatte, wie die Stühle im Gemeindezentrum wieder gestapelt in den Eckschrank reinpassten. Später auch etwas betrübtere Stunden, als die Stimmung bei den Bewohnern der Elly nicht mehr ganz so herzlich war, der zwanzigste Vermieter die Wohnungsbewerbung ablehnte, gesammelte Kleider wg. Jahreszeitenwechsel im Müllcontainer landeten. Ein Stimmungsdämpfer war auch das teils strafbare Fehlverhalten von einigen, das es zusätzlich schwer machte, die Unterstützung in der Bevölkerung aufrecht zu erhalten.
Und jetzt also die Ukraine: zuerst machte unser Nachbarland Polen mit enormer Hilfs- und Aufnahmebereitschaft positiv von sich reden. Dann trafen die ersten Ankommenden in Berlin und später auch in Mainz ein. Sie trafen und treffen immer noch auf große, ehrenamtlich organisierte Hilfsbereitschaft. Staatliche Stellen scheinen eher mit Sondieren von was auch immer beschäftigt zu sein. Auch das ist eine Ähnlichkeit zu 2015. So haben verschiedene Mainzer Vereine auf Basis ihrer Erfahrungen aus 2015 rasch ihre Stärken in der Ukraine-Hilfe-Mainz gebündelt. Es gibt dort zentrale Ansprechpartnerinnen und -partner, eine sinnvolle Aufgabenteilung und das gemeinsame Interesse an der positiven Wirkung für die Menschen. Von Kleider- und Sachspenden wird zunächst Abstand genommen, auch das eine Erfahrung aus dem Jahr 2015. Zu groß waren damals der logistische Aufwand und die benötigte Lagerkapazität. Zu gering war das Interesse an Polo-Shirts mit Löchern und Kinderschuhen mit Matschresten (kein Witz, alles selbst gesehen). Wer übrigens Mehl und Olivenöl in den Supermärkten vermisst hat – das macht als Hilfsmittel für die Ukraine überhaupt keinen Sinn und hat andere Ursachen. Vielmehr sind jetzt Lebensmittel in Konserven, Desinfektionsmittel und Verbandskästen sowie Mehrfachsteckdosen und Powerbanks gefragt.
"Nicht reden. Machen!"
Wie auch 2015 habe ich mir die Fragen gestellt, will ich helfen und wenn ja „wann genau in den 24 Tagesstunden“? Und wie denn genau? Eher mit einer finanziellen Spende oder kaufe ich die Zahnpastabestände im Drogeriemarkt leer? Und sind die Stühle aus dem Eckschrank im Gemeindezentrum noch alle da und einsatzbereit? Jede und jeder wird ihre bzw. seine eigene Antwort auf diese Fragen finden. Meine eigenen Kräfte fanden zuerst bei den Maltesern am Haus der Kulturen Verwendung. Die Lücke in der menschlichen Transportkette für den Kistentransfer vom Aufbewahrungszelt zum Laster war schnell gefunden und es ging sofort los. Was für ein tolles Gefühl, an einem Freitagnachmittag mit etwa 60 anderen Helfern elf Tonnen Hilfsmittel in einen Laster zu verfrachten, der sich voll beladen sofort Richtung polnisch-ukrainische Grenze auf den Weg machte. Mir reichte das damals in dem Moment noch nicht ganz, denn ich wollte unbedingt mehr bewirken. Dem Irren in Moskau irgendwie die Stirn bieten. Ich wurde bei der privaten Initiative um Sven Hieronymus fündig, der in Bodenheim mit Freunden den Verein "Nicht reden. Machen!" gegründet hatte. Zur Erinnerung: wir haben als Luther-Gemeinde zwei Kleinbusse voll beladen mit gespendeten Lebensmitteln und medizinischen Hilfsmitteln nach Bodenheim gebracht. Ich war vor Ort beim Sortieren und Verladen dabei und kann bestätigen, dass sie bereits Ende der Folgewoche auf dem Weg in die Ukraine waren. Für unsere Region ist in Bodenheim, über diesen Verein, übrigens eine der wenigen, dauerhaft organisierten Anlaufstellen für Spenden vorhanden. Wie der Verein durch lokale ukrainische Quellen und Empfänger erfährt, sind die Lieferungen im wahrsten Sinn des Wortes Lebens-Mittel! Nicht nur für den Bauch, auch für den Kopf, denn jede auch noch so kleine Lieferung ist ein ganz wichtiges Signal für die Menschen vor Ort. Sie merken, dass sie nicht vergessen werden! Die Anzahl der gespendeten Hilfsmittel geht gerade zurück. Meinen Sie, meint ihr, wir schaffen das als Luther-Gemeinde mit den zwei Kleinbussen nochmal?
Ein sehr menschlicher Ansatz findet sich auch bei der evangelischen Nachbargemeinde in Hechtsheim. Sie hatte ja im Jahr 2015 die Initiative „Ankommen in Hechtsheim“ gegründet. Dreh- und Angelpunkt des Hilfsangebotes ist jetzt das wieder stattfindende „Café der Begegnung“ im Evangelischen Gemeindezentrum. Alt-Hechtsheimer*innen und Geflüchtete kommen zusammen, um bei Kaffee und Kuchen ein „Nachbar-sein“-Gefühl zu entwickeln, wo man Rat und Hilfe suchen kann. Genau wie 2015, nur dieses Mal eben mit ukrainischen Übersetzer*innen. Ich müsste dort in Hechtsheim eigentlich mal fragen, wo und wie sie ihre Stühle lagern.
Patrick Schreiber